PFLEGEPOLITISCHE FORDERUNGEN DES BKSB

POSITIONEN UND FORDERUNGEN ZUR ALTENHILFE- UND PFLEGEPOLITIK

Stand Juli 2023

FRAGEN – PROBLEME – HERAUSFORDERUNGEN

  • Die Altenhilfe –insb. die Pflege -ist ein zentrales und dringendes Thema der Sozialpolitik
  • Gesetzgebungsverfahren bedürfen eines angemessenen Zeitrahmens und einer intensiven Einbindung der Verbände der Leistungserbinger.
  • Es bedarf eines Konsenses hinsichtlich der Finanzierung:
    • Wer zahlt wann wieviel wofür warum?
    • Versicherter/Pflegebedürftiger? Angehörige?
    • Bund? Länder?Sozialhilfeträger?
  • Pflegeeinrichtungen brauchen qualifiziertes Personal, nicht nur Fachkräfte und nicht nur Pflegekräfte!
  • Bürokratie und Kontrolle müssen auf ein notwendiges Mindestmaß reduziert werden!
  • Bund und Länder müssen sich abstimmen!

Heute dazu Anregungen-Anstöße-Ideen!

STÄRKUNG DER ROLLE DER KOMMUNEN

  1. Altenhilfe ist Teil der öffentlichen Daseinsvorsorge und somit Pflichtaufgabe der Kommunen.
  2. Dies betrifft Planung, Steuerung und Umsetzung mit Seniorenpolitischen Gesamtkonzepten, Investitionsfinanzierung und Betrieb von Pflegeeinrichtungen.
  3. Die Verpflichtung, Pflegeeinrichtungen vorzuhalten, trifft primär nicht die Kommune, sondern die Pflegekassen, die vom Pflegebedürftigen jahr(zehnt)elang Pflichtbeiträge eingezogen haben. Dies muss gesetzlich klargestellt werden. Für die Umsetzung sind vorrangig die Kommunen einzubeziehen.

VERSORGUNGSVERTRÄGE NUR BEI GEMEINNÜTZIGKEIT

  1. Pflegeheimträger, die keine steuerbegünstigte Zwecke (§§ 51ff der Abgabenordnung) verfolgen, entziehen dem Pflegesystem mit Gewinnausschüttungen an Investoren Geld, das aus Pflichtbeiträgen stammt.
  2. Dies muss gesetzlich dadurch entbunden werden, dass Versorgungsverträge nur mit „gemeinnützigen“ Trägern geschlossen werden dürfen. Dies können auch Private sein.
  3. Bestehende Versorgungsverträge müssen zum Schutz der Bewohner/innen jedoch weitergelten (Bestandsschutz).

REFORM DER FINANZIERUNG DER PFLEGEVERSICHERUNG

  1. Die finanzielle Belastung der Pflegebedürftigen ist zu beschränken.
  2. Die derzeitige Bezuschussung des Eigenanteils ist unzureichend. Der Leistungsbetrag für die Kurzzeitpflege muss erhöht werden. Die Auslastungsquote für Pflegeheime ist auf ein realistisches Maß zu reduzieren und der dringend notwendig Risikozuschlag ist bundeseinheitlich festzulegen.
  3. Feste Zuzahlungsbeträge (unabhängig von der Versorgungsform) statt ständig steigender Eigenanteile müssen das langfristige Ziel sein („Sockel-Spitze-Tausch“).

UMFASSENDE UND SEKTORENÜBERGREIFENDE VERSORGUNG

  1. Die Leistungen der Pflegeversicherung sind miteinander zu verbinden; die Abgrenzung „stationär – teilstationär – ambulant“ muss überwunden werden.
  2. Medikamente, Heil- und Hilfsmittel sowie therapeutische Leistungen müssen Bestandteil der stationären Versorgung sein. Die hausärztliche Versorgung muss mit Kooperationsverträgen auf wenige zugelassene Vertragsärzte konzentriert werden.
  3. Es gilt nicht der Grundsatz „ambulant vor stationär“, sondern der Vorrang der „richtigen“ Pflege: Maßgeblich ist die Versorgung, die dem Pflegebedürftigen jeweils am besten gerecht wird.

VORRANG DER ERGEBNISQUALITÄT IN DER PFLEGE

  1. Entscheidend sind die (subjektive) Zufriedenheit der Bewohner/innen und die (objektive) materielle Versorgungsqualität, nicht (formale) Struktur und Abläufe. Ordnungs- und Leistungsrecht müssen dringend vereinheitlicht werden.
  2. Dieser Maßstab gilt sowohl für das Leistungs- als auch für das Ordnungsrecht. Doppelte Qualitätsprüfungen für Pflegeheime mit Versorgungsvertrag sind nicht notwendig und belasten unnötig das Pflegepersonal. Der Medizinische Dienst genügt für diese Prüfung, die Heimaufsicht darf nur anlassbezogen bei Missständen tätig werden.
  3. Die Pflegeeinrichtungen müssen für die Sicherung der Qualität mehr Organisationsfreiheit (auch für das Personalmanagement) gewährt werden. Die Qualität der Pflege ist auf Grundlage pflegewissenschaftlicher Erkenntnisse im Rahmen des einrichtungsinternen Qualitätsmanagements zu verankern.

VERBESSERUNG DER PERSONALSITUATION IN PFLEGEEINRICHTUNGEN

  1. Die Arbeitsbedingungen für Beschäftigte (Verlässlichkeit von Dienstplänen, Belastung mit Bürokratie, Gesundheitsförderung, Steuerfreiheit von Schichtzulagen) müssen verbessert werden.
  2. Leiharbeit ist unterbinden. Stattdessen sind mit gesondert finanzierten Springerpools Personalengpässe auszugleichen.
  3. Dem Personalmangel muss entgegengewirkt werden: Die Zuwanderung von Pflegekräften aus dem Ausland ist zu entbürokratisieren und staatlich zu finanzieren. Die Pflegeausbildung muss besser durch Staat und Pflegekassen ausgestaltet und gefördert werden.

WIEDEREINFÜHRUNG DER INVESTITIONSFINANZIERUNG

  1. Die staatliche bzw. kommunale Finanzierung von Investitionen ist in allen Bundesländern als Objektförderung wieder dauerhaft bundeseinheitlich einzuführen. Dies erfordert einen ausreichenden und bedarfsgerechten Haushaltsansatz.
  2. Der Bund muss hierfür verbindliche Rechtsgrundlagen schaffen, so wie dies im Klinikbereich bereits der Fall ist.
  3. Maßnahmen zur Nachhaltigkeit (insb. Umweltschutz) und Digitalisierung müssen gesondert staatlich gefördert werden, zumindest aber bei der Investitionskostenumlage berücksichtigt werden können.

INTERESSENSGERECHTE AUSGESTALTUNG DES HEIMVERTRAGSRECHTS

  1. Verbraucherschutz spielt bei der Gestaltung der Heim- und Pflegeverträge eine große Rolle.
  2. Der Gesetzgeber hat jedoch im Wohn- und Betreuungsvertragsgesetz (WBVG) und im SGB XI Regelungen geschaffen, die Pflegeeinrichtungen unangemessen benachteiligen und rechtsfremde Formulierungen (z.B. Entlassung aus dem Pflegeheim) enthalten.
  3. Insbesondere sind die Bestimmungen zum Vertragsende, zur Entgelterhöhung und zur Sicherheitsleistung zwingend zu ändern.

ES BESTEHT DRINGENDER HANDLUNGSBEDARF.